
Danke Anna Lähdesmäki für diesen Kellerfund 🙂

Copyright: Martin Heyd
Die Brauerei Werbetafel des Cafékesselhaus mit gezogener Neonschrift auf Alu Riffelblech
Selbstdarstellung aus dem Jahr 2000: Zusammenfassend betrachten wir uns selbst im weitesten Sinne als Kulturschaffende mit Schwerpunkten in anspruchsvoller P o p u l ä r kultur, und wir vertreten in Anliegen und Auffassung die dezidierte Meinung, daß diese beiden Begriffe keine sich ausschließenden Gegensätze sein können. Das heutige Cafékesselhaus ist in erster Linie das Ergebnis einer tiefen Verwurzelung mit Darmstadt und Darmstädtern, und einer Auseinandersetzung mit beschränkten räumlichen und materiellen Ressourcen, unterschiedlichen kulturellen Auffassungen und den Persönlichkeiten unzähliger Menschen, die als Mitarbeiter, Performer und Gäste den Ort täglich aufsuchen und in ihrem und unserem Schaffen so etwas wie Identität und Inhalt finden. Es ist ein Kollektivgedanke der uns bis zu diesem vorläufigen Punkt gebracht hat; der sich unweigerlich verändern, überholen und wiedererfinden wird; der daher auch in Zukunft am Ort seinen Niederschlag finden wird, und ohne den das Cafékesselhaus ansonsten vermutlich schon vor langer Zeit einen ganz anderen Pfad eingeschlagen hätte. DIE FORMATE jeden Montag: K-HOUSE Housestile von Deep bis Garage, manchmal rauschende, alle Register ziehende Feierei, manchmal karge, minimalistische Tonarbeit; gelegentlich auch Abschweifungen in, für unsere Konzeption relevante, Techno-Bereiche. Resident DJs Ufuk, Konni, Gerd Janson, Sven Helwig & Michael „Hoppel“ Wrobel. jeden Dienstag: KLANGWERK Der Konzerttag; z.Zt. überwiegend lokale und regionale Rock- und Popbands, aber auch größere Auftritte internationaler Hip Hop und Elektronik-Akts, um zum Teil unsere hausinterne DJ-Arbeit live zu untermauern, andererseits ihr, in Form von Selbstkontrolle, einen Gegenpol zu setzen. Christian Jung ist hierfür unser Ansprechpartner. jeden Donnerstag: HUNDERT GRAD Hip Hop-Formate für kommende Generationen, also Drum & Bass, Big Beats, Breakbeats, überhaupt: Beats. Und, ganz klar, wildstyle-Attitüde. Ein Abend, der vor allem momentan ein breites Interesse durch hochkarätige Gastspiele weckt. Resident DJs Arndt & Michael Rütten a.k.a. m.r. soulpatrol. jeden Freitag: SILVER Freestyle House-Session für Fortgeschrittene und „Erwachsene“, für movers and shakers ; gilt der Pflege der House-Musik im Sinne von tradition, heritage, soul und rhythm & blues und bricht mit überkommenen, applizierten Vorstellungen von was House angeblich zu sein hat. Erfordert einen befreiten Kopf, belastbare Hüften und Liebe im Herzen. Resident DJs Thomas Hammann, Urs Krämer, Polis Kiriazidis & Ngeso Okolo. jeden Samstag: THE ORBITAL JAZZ CLUB Die One-Man-Show des Kemal Özman, der eigentlich alles spielen kann, es folglich auch tut, weshalb man nie genau weiß, was von Woche zu Woche läuft. Jazz, Soul, rare groove, Indie-Pop, Elektronika, Fusion ja, Fusion nein; mit und ohne diverse Gastaufleger, mal konsequent durchgezogen, mal eklektisch und stilübergreifend aufgetisC
Einen kleinen Einblick in das Musikgeschäft liefern die Antworten auf Interviewfragen für das Musikmagazin „Groove“ im Jahr 19999. Die Fragen dazu sind nicht erhalten: Hallo Groove Redaktion; Vielen Dank für den Fragebogen. Hier nun der Versuch sie in unserem und Eurem Sinn zu beantworten. 1. Das Cafékesselhaus gibt es an gleicher Stelle und in mehr oder minder unveränderter Form seit 9 Jahren. Wir haben im Sommer ‘89 als ganz „normales“ Café angefangen, der Raum war ursprünglich tatsächlich ein kleines Kraftwerk für die Fabrik, auf deren Gelände wir uns befinden. Wir haben kurzerhand alles demontiert, was nicht zu gebrauchen war, die Kessel rausgeworfen, eine Theke gezimmert und ein paar preiswerte, belastbare Möbel hingestellt – Geld gab es so gut wie keines. Wir kamen fast alle aus der Darmstädter Hochschulszene, unser Publikum formierte sich hauptsächlich um Architektur- und Designstudenten. Wir waren ein intellektueller Haufen, genossen literweise Milchkaffee, spielten Backgammon, waren zufrieden. 2. Der Club ist eher schleichend „passiert“. Wir veranstalteten in der Anfangszeit zwar die üblichen Parties am 1. Mai, zu Silvester usw., aber zum tanzen sind wir ‘90, ‘91 nach Frankfurt gefahren, hauptsächlich „Cookies“ und „Funkadelic“. Irgendwann kam dann aber dieses Londoner „Pub-Deejaying“-Konzept auf den Tisch, und nach einer erfolgversprechenden Pilotparty sind wir im Januar ‘92 Montags mit unserem ersten regelmäßigen Clubabend an den Start gegangen. Diese Phase leitete den allmählichen Wandel vom Kaffeehaus zum Veranstaltungsort ein, heute sind wir genaugenommen eine reine Venue. Durch eine Verkettung von Zufällen und Versessenheiten hat sich dabei die Underground-Dance-Fraktion durchgesetzt, was heißen soll, daß wir unter anderen Umständen genausogut Hardrock-Schuppen, Kleinkunstbühne und Comedykeller sein könnten. Oder auch gerne mittelalterliche Ritterfestspiele austragen würden. Aber vielleicht machen wir das ja noch… 3. Mit Eigentümern, Bookern, Machern, Kellnern, DJs, Buchhaltung, Sicherheitspersonal, Technikern, Reinigungskräften und einigen Kleinkindern kommen wir auf 40 bis 50 Leute, die alle ihre Bestimmung haben und jede(r) für sich ein unentbehrliches Rädchen in unserem Getriebe darstellen. Wir sind ein mittelständiger Familienbetrieb. Und nee, von sowas kann keiner von uns leben, weshalb wir alle unsere individuelle Karrieren haben, ordentlichen Berufen nachgehen, Plattenläden betreiben, auf dem Bau schaffen, Käse und Wein verkaufen und ansonsten unser Studium durchziehen. 4. Winters 300, Sommers bis zu 800 Personen. Bei reinen DJ-Events zwischen 6,- und 15,- DM, bei Konzerten und Theaterveranstaltungen in seltenen Fällen auch mal um die 20,- DM. 5. Wir sind bis auf den Neujahrstag und zur Darmstädter Heinerfest-Woche (so ein bißchen wie die Love-Parade, genauso voll, nur volkstümlicher und origineller) an jedem Abend im Jahr geöffnet. 6. Montags / House-Parties mit DJs Kemal, Ricardo Villalobos, Ufuk und Gästen. Dienstags / Live-Konzerte aller Couleur. Mittwochs / „Joker“-Tag, der sich allen Kanalisierungsversuchen entzieht. Donnerstags / D & B, Big Beat und andere fortgeschrittene Hip Hop- Formate mit DJs Arndt, Gero K., Paul, m.r. soulpatrol und viel in- und ausländischer Prominenz. Freitags / Nu-, Deep-, Jazz- und Latin Freestyle House-Session mit DJs Urs Krämer, Thomas Hammann, Polis & Ngeso Okolo Samstags / Zusammenfassendes nach Kemals Credo; keine Ankündigungen und immer gut. Sonntags / Frühstücksbuffet von 10 bis 14 Uhr, danach 6 bis 8 Stunden Kaffeetrinken, abends dann entspannter Soul, Jazz und R&B auf Zimmerlautstärke. 7. Etwa aller 14 Tage laden wir Montags und Donnerstags Gast-DJs ein, wobei wir zunehmends Wert auf unsere eigene Resident-Arbeit legen und mittlerweile unserem Publikum ganz gut vermittelt haben, daß Qualität oft direkt vor der Haustür liegt. Zusätzlich unternehmen wir den Spagat, Kollegen aus Frankfurt, Wiebaden und Umgebung regelmäßig einzubauen und „sichten“ auch verstärkt eigenen Nachwuchs. 8. Gerockt haben unzählige, aber exemplarisch hervorgehoben seien DJ Traxx auf einem seiner ersten Deutschland-Gigs; The Roots mit dem schlußendlichsten Hip Hop-Konzert aller Zeiten, anschließend B.R.O.T.H.E.R., der Roots-Drummer, an den Plattentellern hinter (!) der Bar, Mixer hochkant (!), Hip Hop unstoppable; Propellerheads (2 Jungs und eine echte wall of sound); und die absolut willenlosen No U-Turner an einem designierten House-Abend ! Abgezockt haben wenige, aber exemplarisch an die Wand gestellt gehört Super-Producer Howie B., der keinen blassen Dunst vom Auflegen hat, und dessen dickliche Begleitmatrone ihn nach exakt 90 Minuten Spielzeit aus dem DJ-Booth zerrte, energisch einen Chauffeur nach Mannheim ins dort gastierende U2-Lager verlangte und mit ihm in die Nacht verschwand. Worauf der Support-DJ, mittlerweile im wohlverdienten Feierabend, nochmal 1 1/2 Stunden ranmußte. Ach so: To all No-Shows – Glenn Underground, Boo Williams, Henry & Louis More Rockers und Romanthony – Thanks for NOTHING!!! 9. Vince Montana Jnr. & The Salsoul Orchestra live, anschließend Walt Gibbons und Larry Levan (both eternal peace) 12 Stunden back 2 back . 10. Generell ganz normale, unterschiedliche Leute, nette Mädels, bissel zu viel Kerle, aber mehrheitlich sympathisch und aufgeschlossen. Oft sehr jung und deshalb manchmal zu verhalten. Leider ziehen sich die meißten ab 23, 24 J. aus dem längerfristigen, aktiven clubbing zurück, was die Entwicklung von spiritueller Kontinuität, Tradition und Selbstverständlichkeit erschwert. Wir müssen nach wie vor allzuoft „Erstsemestervorlesungen“ halten. 11. Wir würden uns auf jeden Fall freuen, wenn uns der/die Einzelne länger auf unserem Weg begleiten könnte, denn mit dem Soul ist es wie mit gutem Wein: es dauert. 12. Sagen wir so: jeder von uns hütet in sich einen kleinen Traum… 13. Sie unterstützen uns allesamt nach Kräften. Keine Probleme. 14. Wir klauen ihm seine Pillen und setzen ihn ins Taxi nach Prodo X… Das wars. Es ist ziemlich lang geworden, aber ich denke, Ihr bekommt das hin. Zusätzlich schicken wir Euch als Anlage unsere offizielle Selbstdarstellung zu – die ist ein bißchen trockener und vielleicht wenig zum Abdruck geeignet, verdeutlicht aber unsere grundsätzliche Haltung zu dem, was wir tun. Im Namen des gesamten Cafékesselhaus-Teams bedanke ich mich für Euer Interesse und erwarte gespannt ein eventuelles Feature in einer der nächsten Groove-Ausgaben. Ngeso Okolo & K-Haus-Kru
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